54. Jahrgang Nr. 3 / März 2024
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Ausgabe Nr. 11 Monat Dezember 2004
Notstand: einbetoniert ... oder doch: Extra Ecclesiam salus est?


Ausgabe Nr. 3 Monat April 2005
Schauplatz Koeln - der Fall Abbe Reiling


Ausgabe Nr. 8 Monat Oktober 2004
Open Letter to most Reverend Bishop M. Pivarunas


Ausgabe Nr. 1 Monat Februar 2003
Offener Brief an H.H. Prof. Dr. August Groß


Ausgabe Nr. 3 Monat Juni 1971
Zur Frage der Gültigkeit der heiligen Messe


Ausgabe Nr. 2 Monat Mars 2002
In Search of lost unity (engl/spa)


Ausgabe Nr. 2 Monat Mars 2002
ES MONSEÑOR LEFEBVRE UN OBISPO ORDENADO VALIDAMENTE


Ausgabe Nr. 8 Monat December 2002
Is Mgr. Lefebvre a validly consecrated bishop?


Ausgabe Nr. 2 Monat Juni 2001
Auf der Suche nach der verlorenen Einheit


Ausgabe Nr. 2 Monat Juni 2001
Offener Brief an H.H. P. Perez


Ausgabe Nr. 4 Monat September 2001
Anmerkungen zum Briefwechsel mit H.H. Pater Perez


Ausgabe Nr. 4 Monat Nov.-Doppel-Nr.4/5 2000
Econe ante portas - notwendige Klarstellungen


Ausgabe Nr. 4 Monat Nov.-Doppel-Nr.4/5 2000
WAR MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Ausgabe Nr. 7 Monat März 2001
Korrektur zu: Zum Problem einer möglichen Papstwahl


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1999
Leserbrief Zum Problem, ob eine Bischofsweihe per saltum erfolgen darf


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1998
Zum Problem der Clerici vagantes u. der Theologenausbildung


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1993
ZUM PROBLEM DER INTENTIONALITÄT BEI DER SPENDUNG DER SAKRAMENTE


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1993
Der theologische Standpunkt der CMRI


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1993
WARNUNG VOR EINEM ANGEBLICHEN BISCHOF


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1993
WARNUNG


Ausgabe Nr. 5 Monat Februar 1994
Offener Brief an Herrn Jean-Gerard Roux


Ausgabe Nr. 5 Monat Februar 1994
BISCHOFSWEIHE IN ANFÜHRUNGSZEICHEN


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
Sukzessionsliste von Bischof Georg Schmitz / Villingen


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
Sukzessionsliste von Bischof Werner Schneider / Köln


Ausgabe Nr. 4 Monat November 1996
CLOQUELL ZUM BISCHOF KONSEKRIERT ?


Ausgabe Nr. 5 Monat März, Doppelnr. 5-6 1996
HINWEIS


Ausgabe Nr. 1 Monat Mai 1994
WARNING REGARDING A SUPPOSED BISHOP


Ausgabe Nr. 2 Monat Juli 1994
MGR. DOLAN IM GESPRÄCH MIT REV. FR. PUSKORIUS


Ausgabe Nr. 2 Monat Juli 1994
IST MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1994
HABEMUS PAPAM?


Ausgabe Nr. 3 Monat September 1994
Was will und beabsichtigt Bischof Oliver Oravec?


Ausgabe Nr. 1 Monat April 1992
MITTEILUNGEN DER REDAKTION


Ausgabe Nr. 3 Monat August 1992
ZUM TODE VON MGR. GEORGE MUSEY


Ausgabe Nr. 5 Monat Dezember 1992
DAS ANGLIKANISCHE DRAMA ODER: ANMERKUNGEN ZU DEN NEUEN WEIHERITEN


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar-März 1993
Erklärung zu den von Mgr. Lefebvre gespendeten Weihen


Ausgabe Nr. 1 Monat Mai 1991
ZUM TODE VON MGR. LEFEBVRE


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 1991
IN ERINNERUNG AN BISCHOF MOISÉS CARMONA RIVERA


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1988
ZUR PERSON VON MGR. MARCEL LEFEBVRE


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1988
OFFENER BRIEF AN MGR. MUSEY BETREFFEND DIE KONSEKRATION VON MGR. MAIN


Ausgabe Nr. 3 Monat August 1984
ZUR BISCHOFSWEIHE VON MGR. GÜNTHER STORCK


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar 1984
BERICHT AUS BRÜSSEL


Ausgabe Nr. 6 Monat Februar 1984
IST MGR. LEFEBVRE EIN GÜLTIG GEWEIHTER BISCHOF?


Ausgabe Nr. 4 Monat Oktober 1981
MITTEILUNGEN DER REDAKTION


Ausgabe Nr. 7 Monat April 1978
DAS SAKRAMENT DER AUFNAHME IN DIE PFARRKARTEI


Ausgabe Nr. 11 Monat Februar 2007
Y seréis como Dios (Gn. 3, 5)


Ausgabe Nr. 11 Monat Februar 2007
And thou wilt be like God (Gen. 3,5)


Ausgabe Nr. 2 Monat April 2007
Mitteilungen der Reaktion


Ausgabe Nr. 9 Monat Dezember 1972
Sorge um die eucharistischen Gestalten


Ausgabe Nr. 11 Monat Mai 1984
Is Mgr. Lefebvre a validly consecrated bishop?


Ausgabe Nr. 13 Monat Oktobre 1984
QUE PENSER DE LA MISE AU POINT DE M. ALPHONSE EISELE?


Ausgabe Nr. 14 Monat Mai 2008
EL PROBLEMA DE LA RESTITUCION DE LA JERARQUIA CAT. 1.Cont


Ausgabe Nr. 2 Monat Mai 2010
Verhandlungen mit Rom (Fortsetzung 2)


Ausgabe Nr. 13 Monat June 2011
E sarete come Dio (Gn. 3, 5)


Ausgabe Nr. 4 Monat Dezember 2012
Hart, aber fair - ein Briefwechsel zur aktuellen kirchlichen Situation


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Tuet dies zu meinem Gedächtnis (Lk. 22,19)


Ausgabe Nr. 2 Monat April 2023
Clerici vagantes oder Priester der kath. Kirche – ein perpetum mobile ? der Fall Ramolla -


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Über die Ewigkeit


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Nachlese zum Beitrag


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Mitteilungen der Redaktion


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My Time with His Excellency, Archbishop Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


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Mi encuentro con Su Excelentísimo y Reverendísimo Arzobispo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


Ausgabe Nr. 3 Monat März 2024
Il mio incontro con S.E. l´Arcivescovo Pierre Martin Ngô-dinh-Thuc


IN ERINNERUNG AN BISCHOF MOISÉS CARMONA RIVERA
 
IN ERINNERUNG AN BISCHOF MOISÉS CARMONA RIVERA


von
Eberhard Heller


Abends, am Fest Allerheiligen, erreichte uns über Frankreich, von wo aus Pere Barbara anrief, die schreckliche Nachricht, daß Bischof Carmona, der noch vor nicht ganz zwei Wochen bei uns geweilt hatte, bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. In dem Unfallwagen sollten noch drei Priester gesessen sein, die unterschiedliche Verletzungen erlitten haben sollten, unter ihnen auch Padre Daniel Squetino, der Mgr. Carmona durch Europa begleitet hatte.

Diese Nachricht wirkte wie ein Schock auf uns. Am Mittag waren wir noch mit den Kindern in die Berge gestiegen. Es war ein wunderschöner Tag, einer der letzten warmen Herbsttage dieses Jahres. Auf dem Gipfel hatten wir in der Sonne gesessen, um uns ein wenig von der Hektik und den Strapazen der letzten Zeit zu erholen. In den Bergen hatte sich der Winter schon angekündigt. Neben alten Schneeresten blühten aber noch die letzten Blumen.

Kaum waren wir wieder zu Hause, läutete auch schon das Telephon: "Bischof Carmona ist tot...". Ich rief in der Nacht in Acapulco an und erhielt von Schwester Maria, die ebenfalls mit Bischof Carmona in Deutschland war, die Bestätigung, daß das Unglück auf der Rückfahrt von Cuernavaca passiert sei, wo Mgr. Carmona mit seinen Priestern Bischof Martinez besucht hatte. Bischof Carmona sei (am Unglücksort ?) gestorben, seine Begleiter seien ins Hospital eingeliefert worden. Ein Tag zuvor hatte Bischof Carmona seinen 79. Geburtstag gefeiert. Am Montag dem 4. November fand die Beerdigung statt. Das Begräbnis hielt Bischof Mark Anthony Pivarunas aus Spokane / U.S.A., den Mgr. Carmona am 24. September 1991 konsekriert hatte. Moisés Carmona Rivera wurde am 31. Oktober 1912 in Quechuitenango, Bundesstaat Guerrero, in Mexiko geboren und in seinem Heimatdorf am 24. April 1913 getauft. Seinen Vater verlor der kleine Moisés bald: dieser erlag den Mißhandlungen, die er während der mexikanischen Revolution im Jahre 1914 erlitten hatte, in jener Revolution, in der Carranza und der Bandenführer Villa gegen die Föderalisten unter dem Katholiken Huerta einen Ausrottungskrieg u.a. auch gegen die katholische Kirche führten. (Es bleibt anzumerken, daß Carranza mit der Unterstützung des U.S.-Präsidenten Wilson 1915 zum Staatsoberhaupt ernannt wurde und den Vernichtungskrieg gegen die Kirche gleichsam 'legalisierte', wobei er in den Freimaurern willkommene Helfeshelfer fand.)

Der vaterlose Moisés wurde nach dem Tod des Vaters von seiner Tante aufgenommen, die auch seine weitere Erziehung übernahm. Mit dreizehn Jahren kam Moisés in die Lehranstalt vom "Heiligsten Herzen Jesu", wo die Lehrer zusammen mit den Schülern täglich dem heiligen Meßopfer beiwohnten. Als unter dem Präsidenten Calles, einem Freimaurer, ab 1925 erneut die Christen blutig verfolgt wurden - so wurde der Vater von Mgr. Carmonas langjährigem Vertrauten, Anacleto Gonzales Flores, der Rechtsanwalt gleichen Namens wegen seines öffentlichen Bekenntnisses und wegen seines Einsatzes für die katholische Jugend am 1.4.1927 in Guadalajara zuerst gefoltert und dann ermordet (die Kirche zählt ihn zu ihren Märtyrern), wurde der kleine Moisés bereits morgens um 4 Uhr geweckt, um heimlich der hl. Messe in einer Privatwohnung beizuwohnen. Diese Erlebnisse hätten ihn, wie Bischof Carmona einmal erzählte, entscheidend mitgeprägt.

Auf den Rat seines Beichtvaters - jedoch gegen die Absichten seiner Tante - trat Carmona nach dem Besuch der Volksschule ins Priesterseminar ein. Nach dem Ende der Studien durchlebte er eine Krise: um zu erfahren, ob seine Berufung zum Priestertum wirklich echt sei, verließ er das Seminar, um bei den Laien der katholischen Aktion mitzuarbeiten. Dort merkte er sehr bald, welche Aufgabe Gott ihm zugewiesen hatte. Im Jahre 1936 empfing er die Tonsur, 1937 die niederen Weihen und im Jahre 1939 wurde er zum Priester geweiht. Noch im gleichen Jahr erhielt er eine Kaplanstelle in Acapulco in der Pfarrei La Soledad. 1941 erfolgte seine Berufung als Dozent für Latein und Spanisch an das dortige Seminar. Carmona hatte eine ausgesprochene Sprachenbegabung. (N.b. in den letzten Jahren hatte er noch begonnen, Deutsch zu lernen.) Auf seine rhetorischer Fähigkeiten verwies er manchmal im Scherz als seine einzigen Stärken.

Vier Jahre später erhielt er die Pfarrei Coyuca de Benito, wo ihn eine ausgesprochen schwierige Aufgabe erwartete, der sich seine Vorgänger nicht gewachsen gefühlt hatten: der Auseinandersetzung mit den protestantischen Häresien. Er bot den protestantischen Sekten die Stirn, wobei ihm sein Rednertalent zu Hilfe kam. Die Protestanten und übrigen Sekten hatten unter der Freimaurerregierung von Calles eine enorme Förderung erfahren, damit sie sich am Kampf gegen die Kirche beteiligen sollten. Als sehr wichtig betrachtete Carmona die Katechese. So wirkte er erfolgreich als Seelsorger in allen Dörfern seiner Pfarrei. 1952 wurde er schließlich Pfarrer und Vikar von Ometepec. Dort erwarteten ihn nur Ruinen: die Kirche und das Pfarrhaus waren zerstört, und ohne Unterstützung seitens der Gläubigen war auch an einen Wiederaufbau nicht zu denken. In den Trümmern des Pfarrhauses konnte er sich notdürftig eine Bleibe einrichten - von einer Wohnung konnte man nicht reden.

Als endlich Bischof Quezada den "Templo de la Divina Providencia" (Kirche zur göttlichen Vorsehung) in Acapulco wieder aufbauen ließ, bestellte er Padre Carmona dorthin als Pfarrer. Am Tage der Eröffnung des unseligen II. Vatikanischen Konzils, genau am 17. Okt. 1965, wurde der Grundstein gelegt. Bischof Quezada weihte noch die Krypta ein und erklärte diese Kirche zur Sühnekirche von Acapulco. Dieses Gotteshaus mit einer großen Gemeinde hat Padre Carmona und später dann Bischof Carmona bis zu seinem Tod betreut. Seine Privatwohnung befand sich in einem bescheidenen Anwesen hinter der Sakristei, wo auch, wie mir Besucher geschildert haben, die Hühner herumliefen. Die persönlichen Verhältnisse von Mgr. Carmona waren und blieben bescheiden, sehr bescheiden...

Die Schwierigkeiten mit der 'Amtskirche', d.h. konkret mit Bischof Quezada, begannen damit, daß er nicht wie alle anderen die sog. neue 'Messe' feierte. Als Pater Saenz y Arriaga S.J. rechtswidrig exkommuniziert wurde (wegen seines Buches "Die neue montinianische Kirche"), sagte ihm Carmona seine Unterstützung zu, weshalb er zum Apostolischen Legaten vorgeladen wurde. Das Gespräch verlief unbefriedigend. Als der Bau der Kirche abgeschlossen war, bat Padre Carmona Mgr. Lefebvre, die Einweihung vorzunehmen. Doch dieser erhielt keine Einreiseerlaubnis. So benedizierte der Padre sein Gotteshaus selbst. Die Differenzen zwischen Carmona und dem Nachfolger von Quezada, Don Rafael Bello, wurden immer ärger. Der Kanoniker Don Gabriel Ocampo nannte ihn schließlich einen Apostaten.

Inzwischen hatte sich auch in Mexiko der Widerstand gegen die Reformer zu formieren begonnen. Pater Saenz y Arriaga hatte mit seinen klaren Positionen in seinen Büchern für Furore und weltweit für Aufsehen gesorgt. Um ihn als Kopf organisierte sich eine Gruppe profilierter Priester und Gläubigen. Padre Carmona trat in Verbindung mit Gläubigen aus anderen Ländern, die ebenfalls die sog. 'Reformen' aus theologischen Gründen ablehnten. So nahm er 1973 an einem der Pfingsttreffen teil, welches die Traditionalistenbewegung jedes Jahr in Rom abhielt. Seine Kontakte mit Gläubigen aus Deutschland haben dort ihren Anfang genommen, und sie hielten bis zu seinem Tode: den dunkelhaarigen, liebenswürdigen Padre aus Mexiko, der immer freundlich blieb, konnte man nicht vergessen.

Nach dem Tod von Pater Saenz y Arriaga, auf den der nachmalige Bischof Guerard des Lauriers einen Nachruf abfaßte, beschlossen die Gläubigen in Mexiko, sich in einer rechtlich relevanten Form zu organisieren und gründeten die "Union Trento", zu deren Vorsitzenden sie Padre Carmona wählten. Das Organ dieser Gruppe, TRENTO, wurde von der uns bestens bekannten Mitarbeiterin Frau Gloria Riestra redigiert und leistete neben anderen Publikationen eine bedeutende Arbeit in der theologischen Durchdringung und Darstellung der Irrtümer des II. Vatikanums und seiner Reformen. Als Mgr. Lefebvre, der damals noch als Symbol des Widerstandes angesehen wurde, 1976 'exkommuniziert' wurde, fanden auch in Mexiko Sympathiekundgebungen statt. So verlas am 8. Dezember 1976 Abbé Hector Bolduc, ein von Mgr. Lefebvre gweihter (oder: 'geweihter') Geistlicher in der Kirche zur göttlichen Vorsehung eine Erklärung zu Gunsten von Lefebvre. Daraufhin erhielt Padre Carmona einen Verweis und das Verbot, die Messe von einem Econe-Priester lesen zu lassen. Als Padre Carmona dies ignorierte, erfolgte wenig später die 'Exkommunikation'. Doch seine Herde stand zu ihm - über 3ooo Gläubige. (Zur Formierung des religiösen Widerstandes in Mexiko vgl. EINSICHT VII/2, S. 83, vom Juli 1977.)

Den Lesern der EINSICHT wurde Padre Carmona erstmals durch eine Veröffentlichung eines Offenen Briefes unter dem Titel "Die Positionen klären sich" bekannt, den Frau Leutenbauer übersetzt hatte (vgl. EINSICHT VII/6, S. 224 f., vom Febr. 1978). Nachdem Mgr. Lefebvre auf die Bitte, die an ihn von Mitgliedern der Una voce - Gruppe Maria herangetragen worden war, nicht nur für den Priesternachwuchs Sorge zu tragen, sondern auch an die Sicherung der apostolischen Sukzession zu denken, die in höchster Gefahr sei abzureißen, ablehnend reagiert hatte, wobei er solche Sorgen für übertrieben hielt und sich darüber nur lächerlich machte, suchten wir Kontakt zu Erzbischof Ngo-dinh-Thuc. Ihm trugen wir unser Anliegen erneut vor und fanden Verständnis und Interesse, sich diesem anzunehmen. Als H.H. Dr. Otto Katzer im Jahre 1979 starb, der bereit gewesen wäre, das Bischofsamt zur Sicherung der Sakramentenspendung und zur Wahrung der apostolischen Sukzession in der katholischen Kirche auf sich zu nehmen, hielten wir Umschau nach Kandidaten, die willens wären, sich diese Bürde von Mgr. Thuc aufladen zu lassen.

Anfang 1981 traten wir deshalb in Verhandlungen mit Pater Guerard des Lauriers, der sich durch die Abfassung der von den Kardinalen Bacci und Ottaviani herausgegebenen "Kurzen kritischen Untersuchung des Novus Ordo Missae" längst einen Namen im katholischen Widerstandslager gemacht hatte, und Frau Riestra aus Mexiko, eine unserer Mitarbeiterinnen. Sie sollte uns über eventuelle Kandidaten für das Bischofsamt informieren. Aus ihrer Sicht gäbe es da nicht viel zu überlegen: wenn überhaupt jemand von den Priestern aus Mexiko für dieses Amt in Frage kommen sollte, dann nur Padre Carmona. Im übrigen teilten sie und die anderen Mitglieder der Union Trento unsere Sorgen hinsichtlich der Sukzession. Am 7. Mai 1981 wurde Pater Guerard des Lauriers von Mgr. Ngo-dinh-Thuc in Toulon konsekriert. Mitte Oktober des selben Jahres weilte Padre Carmona zusammen mit seinem Freund, P. Zamora, zu Sondierungsgesprächen in München.

In Padre Carmona lernten wir einen äußerst liebenswürdigen und bescheidenen Priester kennen, dem die übliche klerikale Arroganz wirklich fremd war. Die Gespräche verliefen sehr gut, zumal ein Mitglied unserer Vereinigung Padre Carmona von einem Besuch in Acapulco schon kannte. Ungewöhnlich für einen Priester war auch, daß er Anteil nahm an den familiären Sorgen und sich dafür interessierte. Er konnte sich herzlich freuen. Bei diesem Besuch wurden alle wichtigen Fragen angesprochen, die die Situation der Kirche und des Widerstandes betrafen, auch die Vorwürfe, die man gegen unsere Gruppe, gegen Mitarbeiter der EINSICHT und gegen gewisse Einstellungen bzw. gegen unsere Distanzierung von Econe erhoben hatte. Das Ergebnis dieser Sondierungen war eine erstaunliche Übereinstimmung in der Beurteilung der kirchlichen Situation und der nötigen Schritte, die unternommen werden müßten, um den Gefahren zu begegnen. Unserer Beurteilung von Econes Verhalten stimmten beide Mexikaner zu. Auch sie hätten leider feststellen müssen, daß Mgr. Lefebvre weder in dogmatischen Fragen eindeutig Stellung bezöge noch eine akzeptable Haltung zu den Apostaten auf der Cathedra Petri einnähme.

Als wir das Thema einer möglichen Bischofsweihe anschnitten, entgegnete Carmona, er habe mit sich zu Hause lange gerungen, ob Gott ihn in diesem Amt haben wolle, wenn er darum gebeten würde, es anzunehmen. Da aber weit und breit keine Hilfe in dieser Drangsal zu erwarten sei, hoffe er, mit Gottes Hilfe die Mühen, die mit einem solchen Amt verbunden sein würden, tragen und ertragen zu können. Daß eine eventuelle Weihe geheim stattfinden müßte und auch noch eine Zeit lange geheim gehalten werden müßte, war für diese Priester, die die mexikanischen Verfolgungen mehr als 'hautnah' miterlebt hatten, kein Problem.

Die Gespräche mit Padre Carmona und P. Zamora nahmen viel Zeit in Anspruch. Als schließlich Einvernehmen wegen der möglichen Bischofsweihe erzielt und Erzbischof Ngo-dinh-Thuc über alles informiert worden war und dieser dem Besuch der mexikanischen Priester zugestimmt hatte, flogen wir zu viert nach Toulon, die beiden Geistlichen in "Zivil", denn der Besuch mußte möglichst geheim bleiben. Unter einfachsten Bedingungen fand schließlich die Konsekration beider Priester am 17. Oktober 1981 statt, nachdem auch Mgr. Thuc die beiden Mexikaner kennengelernt hatte. Die ergreifenden Zeremonien, in denen Padre Carmona und Pater Zamora zu Bischöfen der katholischen Kirche geweiht wurden, erforderten die höchste Konzentration und Aufmerksamkeit aller Beteiligten. Sie ließen die äußerlich ärmlichen Umstände, unter denen sie stattfanden - Mgr. Ngo-dinh-Thuc spendete die Weihen in seiner Wohnung -, vergessen. Ich werde diese Weihezeremonien nie vergessen, auch nicht die Freude, die alle ergriff, als Mgr. Ngo-dinh-Thuc am Ende der Weihe das "ad multos annos" ("auf viele Jahre") laut singend intonierte. Der Freude folgte Erleichterung, nachdem wir alle ja tagelang gleichsam unter "Hochspannung" gestanden waren. Mit den beiden frisch konsekrierten Bischöfen - wieder in "Zivil" - sind wir dann noch stundenlang durch Toulon spazieren gegangen, haben am Hafen gesessen, die Schiffe beobachtet, den fliegenden Händlern aus Afrika zugesehen, wie sie versuchten, ihre Schnitzereien und Tücher zu verkaufen, und erzählt und erzählt.

Nach der Verabschiedung von Mgr. Ngo-dinh-Thuc - wie immer hatte sie fast militärischen Charakter: einen Reisesegen... und "Au revoir" ("Auf Wiedersehen") - flogen wir mit den beiden Bischöfen noch zusammen bis Paris, wo wir uns trennten: die beiden Mexikaner hatten ihren Rückflug über Spanien gebucht. Warum die Weihen vorerst geheim bleiben sollten, hat man erst zu verstehen begonnen, als durch den Verrat von Pere Barbara, der inzwischen jedoch zu einer anderen Bewertung dieser Ereignisse gelangt ist, Mgr. Thuc verfolgt wurde... Es war eine widerliche Hetzjagd, an der sich auch Mgr. Lefebvre in denkbar primitiver Weise beteiligte, indem er Erzbischof Ngo-dinh-Thuc für verrückt erklärte... (n.b. Verleumdungen ähnlicher Art werden heute erneut von Mitgliedern der Econe-Sekte ausgestreut: weil Bischof Thuc bei der Spendung der Weihen schon dem Schwachsinn verfallen sei, seien sie ungültig...).

In dieser Situation war es erforderlich, daß Erzbischof Ngo-dinh-Thuc seine Handlungen öffentlich begründete, was dann in der DECLARATIO vom 25. Februar 1982 geschah. Und zur Abstimmung weiterer Maßnahmen weilten neben Bischof Guerard des Lauriers auch wieder Bischof Carmona in München, der von Herrn Anacleto Gonzalez Flores begleitet wurde. Bei dieser Gelegenheit erhielt Bischof Carmona - ebenso wie Mgr. Guerard des Lauriers - einen handschriftlichen Revers, in dem sich Mgr. Thuc für die zu Recht gegen ihn erhobenen Vorwürfe entschuldigte und die Bischöfe als Vertreter der Kirche um Verzeihung bat. Sowohl Carmona als auch des Lauriers waren mit der ihnen gegebenen Erklärung einverstanden und erkannten sie als Rekonziliationsdokumente an.

Bei diesem Besuch wurde auch verbindlich abgesprochen, daß von Mgr. Lefebvre geweihte Priester wegen der Person seines eigenen Konsekrators Lienart (Zugehörigkeit zur Freimaurerei in höchsten Graden, Vorwurf des Satanismus), sub conditione nachzuweinen wären, wenn sie sich einem der Bischöfe anschließen sollten. Bischof Carmona nutzte die gewonnene Öffentlichkeit, um nun seinerseits in Absprache mit Erzbischof Ngo-dinh-Thuc Bischöfe zu konsekrieren. Am 1. April 1982 weihte er Bischof Musey in seiner Kirche in Acapulco, am 18. Juni 1982 erfolgte die Bischofsweihe von Padre Benigno Bravo und Padre Roberto Martinez in Cuernavaca. Auch bei der Bischofsweihe von Pater Louis Vezelis war er als Co-Konsekrator tätig. Als schließlich Mgr. Thuc nach Rochester umsiedelte, lud er diesen und Bischof Vezelis nach Acapulco ein, um sich zu beraten. Eine gemeinsame Erklärung wurde in den mexikanischen Tageszeitungen veröffentlicht.

Nachdem es sich herausgestellt hatte, daß die mexikanischen Theologiestudenten nicht in Rochester studieren wollten bzw. dieses Unternehmen gescheitert war, eröffnete Mgr. Carmona selbst eioeAusbildungsstätte für Theologiestudenten in Hermosillo, im Norden von Mexiko, immerhin ca. 3ooo km von Acapulco entfernt. Zugleich weitete er seine Seelsorgtätigkeit über eine ganze Reihe von Dörfern in den Bergen aus. Bereits um drei Uhr in der Nacht brach er häufig im Jeep von Acapulco auf, um seine weit verstreute Herde zu betreuen. (Vgl. dazu EINSICHT XVII/3, S.70 f.) Bischof Carmona war ständig neuen Angriffen ausgesetzt. Zeitweise mußten wir für sein Leben fürchten. Einmal wurde sein Jeep beschossen. Gott sei Dank wurde er jedoch nicht getroffen, aber er wurde völlig ausgeraubt. Man drohte ihm, ihn bei der nächsten Seelsorgfahrt zu erschießen, wenn er es noch einmal wagen würde, zu den Indios in die Berge zu fahren. Hinter diesen Attacken vermutete Carmona den reformerischen Orts-'Bischof' von Acapulco, Bello, den er unbeirrt anschrieb, er möge ihm die geraubten Gegenstände - darunter auch seinen Bischofsring - wieder aushändigen lassen. Bischof Carmona ließ sich jedoch nicht einschüchtern und setzte unbeirrt seine Seelsorge fort, denn Furcht kannte er nicht... und erschossen wurde er schließlich auch nicht.

Es soll hier nicht verschwiegen werden, daß es auch intern, d.h. zwischen den katholischen Bischöfen des Widerstandes Unstimmigkeiten gab, die mit Differenzen mit Bischof Guerard des Lauriers O.P. begannen - zu keiner Zeit konnte sich Carmona mit der Erfindung vom Papa materialiter, non formaliter anfreunden - und die mit der Verleumdung, er sei Freimaurer, endeten. Ich habe mir oft überlegt, ob es für die Beendigung solcher Zwistigkeiten hilfreich sein könnte, wenn ich selbst einmal nach Mexiko fliegen und mit den betreffenden Parteien reden würde. Ich schreckte aber jedesmal davor zurück, aus Furcht, eine solche Reise würde in privatem Tourismus enden. So haben wir von München aus, brieflich und telephonisch, die Fronten einzureißen und die divergierenden Positionen, die teilweise auf Mißverständnissen oder auf Unkenntnis gewisser Vorbedingungen beruhten, anzunähern. Der Erfolg dieser Bemühungen war jedoch insgesamt gesehen recht dürftig, die Besprechungen häufig recht peinlich. Bischof Carmona war jedoch einer der wenigen, der von sich aus immer wieder versuchte, Einigkeit unter den Bischöfen zu stiften. So besuchte er während seines Aufenthaltes hier in München Mitte Oktober dieses Jahres Mgr. Storck, um mit diesem in gewissen Fragen Einverständnis und Übereinstimmung zu erzielen und um mit ihm eine gegenseitige Konsultation bzw. Kooperation zu vereinbaren, wozu Bischof Storck sich auch bereit erklärte. Noch am letzten Tag vor seinem tödlichen Unfall galt sein Besuch Bischof Martinez, der sich von ihm getrennt hatte.

Bischof Carmona war einer der wenigen Bischöfe, mit dem mich in all den Jahren eine feste, gewachsene Freundschaft verband, die ein kritisches Wort leicht vertragen konnte, und die sich auszeichnete durch persönliche Offenheit. Es herrschte Vertrauen in einer stetig gewachsenen Beziehung, die sich bewährt hatte. Bischof Carmona war auch gerne bereit, gewisse Urteile anzunehmen. Zehn Jahre lang gingen stets Briefe hin und her. Als Bischof Carmona von bestimmten Personen nach Portugal gerufen wurde, schlugen wir ihm vor, auch wieder einmal München zu besuchen, zumal Frau Gerstner schon einen festen Besuchstermin im Kölner Meßzentrum mit ihm vereinbart hatte. Die Gelegenheit, den einen mit dem anderen Termin zu verknüpfen, schien günstig. Bis er jedoch schließlich in Begleitung von Padre Daniel Squetino und Madre Maria d.T. am 16. Oktober dieses Jahres auf dem Münchner Flughafen eintraf, war ein weiter Weg voll Hindernisse zu bewältigen: so brauchte ein Telegramm von München nach Portugal über eine Woche, bis es bei den betreffenden Personen ankam. Als er schließlich alle Kontrollen auf dem Flughafen passiert hatte, war die Wiedersehensfreude nach fast zehn Jahren groß. Die Heimfahrt durch den Münchner Berufsverkehr wurde noch einmal zur Qual. Bis tief in die Nacht wurden dann noch eine ganze Reihe von Fragen durchdiskutiert oder zumindest angeschnitten. Mir wurde dabei schlagartig bewußt, wie wichtig doch häufigere unmittelbare Unterredungen gewesen wären. Auch mit Padre Daniel und Madre Maria wurden Absprachen hinsichtlich verschiedener Unternehmungen getroffen, die u.a. das Wiedererscheinen der Zeitschrift TRENTO oder das Herausgeben eines neuen Blattes betrafen. Obwohl erst vor nicht all zu langer Zeit gegründet, zählt der Konvent, den Madre Maria leitet, bereits 14 Schwestern, die ihre Aufgabe in der Katechese sehen. Padre Daniel Squetino aus Argentinien war zusammen mit seinem Bruder und einem weiteren Kandidaten erst Mitte September 1991 zum Priester geweiht worden. Wegen unhaltbarer theologischer Positionen der Econeisten, aber auch wegen der besonderen Persönlichkeitsstruktur vom Oberen Schmidberger hatten er und - wie er berichtete - weitere 24 Studenten das Econer Seminar in Argentinien verlassen. Einige hatten den Weg zu Bischof Carmona gefunden und sich ihm unterstellt.

Am nächsten Tag, am Donnerstag, dem 17. Oktober, konnte der Bischof ein besonderes Ereignis feiern: auf den Tag genau war er vor 10 Jahren zum Bischof konsekriert worden. Aus diesem Anlaß unternahmen wir mit ihm und den weiteren Gästen zunächst einen Ausflug in das herbstliche Oberbayern und besuchten Kloster Ettal. Am Abend feierte der Jubilar die hl. Messe, in der er einigen Kinder das Sakrament der Firmung spendete. Padre Daniel erteilte den anwesenden Gläubigen noch den Primizsegen. Als der Jubilar abends schließlich müde sein Zimmer aufsuchte, in dem vorher schon Erzbischof Ngo-dinh-Thuc gewohnt hatte, ging die Diskussion mit seinen beiden Begleitern weiter. Bis tief in die Nacht wurde noch überlegt, wie es in Acapulco weitergehen würde. Ohne auch nur im entferntesten mit der realen Möglichkeit eines so plötzlichen Todes zu rechnen oder an sie zu denken - der Bischof machte gesundheitlich noch einen guten Eindruck - ginge Mgr. Carmona doch bald ins achtzigste Lebensjahr! Daß dieses Thema der Nachfolge so schnell wieder aufgegriffen werden sollte... wer hätte bei der abendlichen und nächtlichen Runde daran gedacht!

Für den kommenden Tag war der bereits erwähnte Besuch bei Bischof Storck vorgesehen. Seine Absicht, unter den Bischöfen eine erneute Kooperation herzustellen, verfolgte Carmona mit unbeirrbarer Geduld. Bei diesem Besuch konnte Bischof Storck auch seine Position hinsichtlich des Sedesvakanzproblemes erläutern und gewisse Mißdeutungen diesbezüglich klären. Das Besuchsprogramm lief weiter: der Zug brachte die Mexikaner nach Köln, wo Bischof Carmona am Samstag firmte und sonntags ein feierliches Hochamt zelebrierte. Von Köln ging die Fahrt weiter nach Lahnstein, wo er von der Koblenzer Gruppe betreut wurde und Herrn Kreuer wiedersah, der ihn zwei Jahre zuvor in Acapulco besucht hatte.

Schwierig, ja gerade abenteuerlich gestaltete sich die Rückreise. Weil der Flughafen von Paris bestreikt wurde, chauffierte Herr Lehleitner tagelang den Bischof, Padre Daniel, Madre Maria... und ein stetig gewachsenes Gepäck quer durch halb Europa im Auto: durch Frankreich, Spanien und Portugal nach Lissabon, wo man zu einem bestimmten Zeitpunkt eintreffen mußte, um noch rechtzeitig das Flugzeug nach Mexiko zu erreichen. Herr Lehleitner, selbst halb tot und total erschöpft von dieser wilden Fahrt, berichtete mir hinterher über die große Gelassenheit und Geduld, mit der Bischof Carmona diese Strapazen ausgehalten habe und wie er mit einfachsten Absteigequartieren zum Übernachten zufrieden gewesen sei.

Der Besuch von Bischof Carmona in Europa, so kurz vor seinem Tod, hatte in meinen Augen providentielle Züge. Es war für den Bischof eine große Freude, seine deutschen Freunde, die ihn und seine Arbeit jahrelang unterstützt hatten, wiedersehen zu können. Besonders groß war die Wiedersehensfreude, als er seine alte Freundin aus Rom, Frau Leutenbauer, in München traf. Im nachhinein bekommt auch die Tatsache, daß er gerade in München sein 10-jähriges Bischofsjubiläum begehen konnte, eins eigene Bedeutung, ohne daß vorher jemand an dieses Jubiläum gedacht hatte. Anzumerken bleibt aber noch ein anderer, unerfreulicher Vorgang, der sich während des Besuches abspielte: Bischof Carmona wurde für eine ganze Reihe von Personen zum Testfall für die Fähigkeit, Zurückhaltung in den eigenen Interesse aus Respekt vor einem demütigen, einfachen, aber hochverdienten Mann gegenüber, verschiedene Mißtöne waren nicht nur nicht zu überhören, sie wurden teilweise direkt fühlbar.

Mit Bischof Carmona ist gleichsam ein Stück unseres zermürbenden Kirchenkampfes dahingegangen. Er, der liebenswerte, liebenswürdige Priester, der sich durch eine große Gottesliebe auszeichnete, wollte in erster Linie Seelsorger sein. Die Reformen von Vatikanum II lehnte er von Anfang an ab, und je offensichtlicher es wurde, daß die Änderungen in der Liturgie, in der Moral und in der Pastoral nicht nur Brüche, sondern handfeste Häresien enthielten, daß die Promulgatoren und ihre Helfer Häretiker, ja schlicht Apostaten waren - die einen aus direktem Interesse am Verrat, am Verrat an Christi Testament, die anderen als feige Mitläufer -, desto deutlicher wurde auch der Protest von Padre Carmona... bis hin zur klaren Trennung von der 'Konzilskirche'. Dabei vertrat er seine Position völlig offen, Furcht, sich zu exponieren, kannte er nicht. Berührungsängste, selbst mit den teilweise widerlichen Vertretern der sog. öffentlichen Meinungsmache, den Presseleuten, waren ihm fremd. Ohne Umschweife erklärte er ihnen, was diese gar nicht hören wollten. Er nahm es gelassen hin, wenn man versuchte, den bescheidenen und armen Indiopfarrer als verkalkt hinzustellen, der es nicht mehr geschafft hatte, die entscheidende Wendung zu machen und der nur noch Anerkennung bei den Ärmsten der Armen... und den Dummen finden würde. Dabei gaben in letzter Zeit immer häufiger die Reformer die Rolle der Verleumder an Vertreter von der Econe-Gruppe ab. Wie bereits geschildert, mußten wir zeitweise um sein Leben bangen. Bischof Carmonas Furchtlosigkeit entsprang aus einem großen Gottvertrauen und dem Wissen, in Gott geborgen zu sein und natürlich aus Liebe zu seinem Seelsorgeramt, welches er als Priester der Kirche wahrnahm. Aus dieser pastoralen Sorge heraus arbeitete er fast ununterbrochen. Die Fahrten in die Berge zu seinen Indiodörfern begannen nachts. Auf die Frage, wann überhaupt und wie lange er denn dann schlafe, antwortete er: "Eine Stunde, aber während des Tages auch ein wenig." Solche Kraftanstrengungen waren gleichsam sein tägliches Brot bis ins hohe Alter, d.h. bis zu jenem Tag, an dem er tödlich verunglückte.

Bischof war er geworden aus Sorge für den Fortbestand der Kirche. Mit der persönlichen Bewältigung dieses Amtes als solches hatte er keine Probleme. Er war es auch, der sehr schnell eine klare Auffassung auch von dem recht schwierigen Status hatte, der mit seiner Weihe "ohne päpstliches Mandatum", d.h. ohne gewisse Vollmachten, die normalerweise mit dem Bischofsamt verliehen werden - hauptsächlich noch juridische Vollmachten - verbunden war und an dem m.E. Mgr. Guerard des Lauriers gescheitert war. Er verglich seine Stellung häufig mit der eines Bischofs in der Mission, der erst ein Gebiet für die Kirche erobern muß. Als Bischof oblag ihm auch die Sorge für den Aufbau und den Unterhalt eines Priesterseminars. Er war den Spendern aus dem deutschsprachigen Raum immer sehr dankbar, daß gerade sie seine Arbeit mittrugen. Die geplante Verlegung des Seminars vom entlegenen Hermosillo nach Acapulco konnte er nicht mehr durchführen.

Es fehlten auch noch die finanziellen Mittel.

Durch seine Stetigkeit und Unbeirrbarkeit hatte Bischof Carmona ungewollt in den letzten Jahren immer mehr das Interesse vieler Gläubiger, denen es ein inneres Anliegen war, daß die Kirche restituiert werde, auf seine Person gezogen. Seine klaren Ausführungen, die die Überzeugung widerspiegelten, Mitglied und Diener der wahren Kirche zu sein, der Kirche Jesu Christi, und sein Bekennermut hatten ihm Respekt verschafft. Wenn man überhaupt noch zu einem der Bischöfe Vertrauen haben konnte, dann zu allererst zu ihm, weil man in ihm den bevollmächtigten Diener der Kirche erkennen konnte. Selbst für die Econer wurde er zur echten Gefahr, weswegen man ihn ja auch attackierte. Vielleicht wäre es auch seinem geduldigen Ringen gelungen, die isoliert handelnden Bischöfe wieder zusammenzuführen, und zwar in erster Linie deshalb, um den Skandal des Sektierertums zu beenden, um wieder ein Bewußtsein zu erzeugen, daß sie alle zusammen Bischöfe der Kirche sind, durch sie, in ihr und für sie. Durch seinen Tod sind wir alle aufgefordert, seine Arbeit für den Wiederaufbau der Kirche fortzusetzen. Vielleicht wird es manchem nur sukzessive bewußt, welche Aufgabe dieser mexikanische, einfache und bescheidene Bischof auf sich genommen hatte:

Diener Gottes und Seiner Kirche zu sein.

Requiescat in pace.

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LESERBRIEF

(...) Ich kann es mir schon denken, was da wieder gegen Mgr. Thuc von Seiten verrückter Traditionalisten "im Busch" ist. Er war schließlich der einzige Bischof, der eine solche "Declaratio" abgegeben hat (die viele Sünden zudeckt) und die vermutlich nur Mgr. Carmona richtig verstanden hat, auch in ihren praktischen Konsequenzen. Nun aber ist er tot und zudem noch auf eine unnatürliche Weise ums Leben gekommen. Das hat nicht nur mich ziemlich betroffen gemacht. Das kann ich Ihnen versichern. Denn Carmona hatte erkannt, daß heutzutage eine gründliche Katechese unbedingt notwendig ist, die ja mehr ist als nur ein Katechismusunterricht. Katechese ist praktische Theologie und angewandte Dogmatik und Moraltheologie im Rahmen eines vernunftgemäßen Lern- und Bildungsprozesses. So etwas aber läßt sich nur in einer kirchlichen Gemeinde verwirklichen. Die Predigt kann das nicht ersetzen und ist dazu auch gar nicht in der Lage. (...) Es gab gegenüber dem 'Flüchtling' Erzbischof Ngô-dinh-Thuc von Anfang an - wenn man von Rom und denjenigen absieht, die ihn mißbrauchten - zwei negative Reaktionen: die einen diskriminierten ihn und bewarfen ihn mit Dreck, und die anderen betrieben einen Personenkult und redeten ziemlich kritiklos und leichtfertig von einer "Thuc-Linie". Der unaufgeklärte Tod von Thuc wie auch der Unfalltod von Carmona sollte so manchen einiges zum Denken geben, sowohl in profaner als auch in religiöser Hinsicht. Was nicht mehr aus der Welt geschafft werden kann, das ist die Münchener "Declaratio" eines Erzbischofs "aus fremden Landen". Für diesen Akt gibt es ebenfalls Zeugen, die noch nicht gestorben sind!!! Ich bin der Überzeugung, daß diese Sache ein größeres Gewicht hat als seine Erteilung von Bischofsweihen, weil es immer nur der Geist ist, der lebendig macht, "das Fleisch nutzt nichts". Im übrigen wissen wir doch, daß "der Geist weht, wo Er will" und dann immer nur auf Christus hin, da er immer nur "von dem Seinen (Christi) nimmt" bzw. nehmen wird, der "die Wahrheit IST". Wann wird man ernst machen mit der paulinischen Lehre, daß Christus Seine Kirche "auf die Apostel und Propheten gebaut" hat?! Das schließt nicht den "Felsen Petri" aus, sondern auf eine bestimmte Weise ein. Philosophisch war das eine ontologische "additio supra ens (vivens)" sui generis. Davon aber haben sowohl die Traditionalisten als auch die Modernisten noch nie etwas gehört, geschweige denn begriffen.

D.W. aus I.

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Der H.H. Bischof Carmona - ein echter Indio, ein richtiger Sohn der Heiligsten Jungfrau von Guadalupe - hat auf mich einen sehr starken Eindruck gemacht. Da spürt man eine ganz auf Gott gerichtete Priesterseele, demütig und still im Weinberg des Herrn wirkend. Seine Ausstrahlung von Heiligkeit hat auch den eifrigen fröhlichen jungen P. Daniel erfaßt. Durch diesen Bischof bestätigt uns der Göttliche Heiland: "Ich bin bei euch, alle Tage, bis ans Ende der Welt!" Und wenn wir garkeinen richtigen Priester mehr hätten in Deutschland, dann dürften wir immer noch keiner fragwürdigen Soutane nachlaufen. Dann müssen wir uns mit Christi Verlassenheit am Kreuz vereinen, und unser Vertrauen auf Seine abgrundtiefe Barmherzigkeit werfen. (...)

 I.V. aus G.
 
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